Ein Artikel von Thomas Graf, Physiotherapeut und Therapeut für Psychoneuroimmunologie
Seit etwas mehr als hundert Jahren hat die Lebenserwartung der Menschen drastisch zugenommen. Grund dafür war hauptsächlich die verbesserte medizinische Versorgung in der industriellen Revolution und das damit verbundene Aufkommen von Penicillin, Impfungen und Hygiene in den Krankenhäusern. Logischerweise kann man darauf schließen, dass bis dahin der Hauptgrund für die hohe Sterblichkeit in jungen Jahren Infektionen waren.
Haben wir die Langlebigkeit bereits erreicht?
Und tatsächlich, in den letzten 200 Jahren hat sich das durchschnittliche Lebensalter der Menschen in Industrieländern um knappe 50 Jahre erhöht. Haben wir die sogenannte Langlebigkeit bereits erreicht? Von den Zahlen her vielleicht, jedoch haben sich seit der industriellen Revolution auch sehr viele chronische Krankheiten entwickelt, die sich ungebremst auf dem Vormarsch befinden. Durch ein deutlich angenehmeres Leben, mit weniger Bewegung und hoch verarbeiteten Lebensmitteln die reich an Fett und Zucker, aber arm an Ballaststoffen und Vitaminen sind.
Anstatt eines schnellen und frühen Todes durch Verletzungen und Infektionen, sterben wir nun langsam an Diabetes, Krebs, COPD, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Multipler Sklerose und vielen weiteren. Durch unsere moderne Medizin schaffen wir es dabei lediglich, den Verlauf der Krankheit hinauszuzögern und zu verlangsamen, aber nur sehr selten zu heilen.
Lebensdauer und auch Lebensqualität steigern
Kaum ein Mensch in einem Industrieland schafft es heute noch, alt zu werden, ohne eine chronische Erkrankung zu bekommen. Aber geht das überhaupt? Können wir ein Leben führen, in dem wir nicht nur unsere Lebensjahre, sondern auch unsere gesunden Jahre auf eine möglichst lange Spanne ausdehnen? Die Wissenschaft sagt hierzu ziemlich eindeutig ja. Im Grunde geht es dabei um die Aktivierung sogenannter Langlebigkeits-Gene in unseren Zellkernen, also genauer gesagt in unserer DNA.
Und davon haben wir viele, wobei einige noch nicht einmal sehr gut untersucht sind. Sie sorgen dafür, das wir besser in der Lage sind, unseren Blutzucker zu regulieren, unser Cholesterin unten zu halten, die Leber beim Entgiften zu unterstützen, unsere Haut schneller zu regenerieren und so weiter. Alles wichtige Dinge wenn es darum geht, den Alterungsprozess ein wenig zu verlangsamen. Und jetzt die alles entscheidende Frage: was müssen wir tun? Wo liegt das Geheimnis der ewigen oder möglichst langen Jugend?
Wie du dir sicher denken kannst, gibt es keine schnelle Lösung in Form von einer Tablette, einem Nahrungsergänzungsmittel oder einer Creme, die du dir täglich auf die Haut aufträgst. Anders gesagt, wer jung sein will muss leiden. Und das immer und immer wieder. Schauen wir uns also das Ergebnis meiner Nachforschungen etwas genauer an.
Bewegung
Eine Sache bei der man sich absolut sicher zu sein scheint, wo es auch unter Experten keine Diskussion gibt, ist Bewegung. Wir Menschen sind dafür gemacht uns zu bewegen, das ist eindeutig. Machen wir das nicht, oder nur sehr selten, haben wir eine ausgezeichnete Chance krank zu werden. Wahrscheinlich ist es so, das unser Biorhythmus die innere Uhr auf 12 Stunden aktiv und 12 Stunden inaktiv gestellt hat. Wenn wir also davon ausgehen, ab dem morgendlichen Aufstehen aus dem Bett 12 Stunden aktiv sein zu müssen, dürfen wir uns keine Sitzzeiten leisten, die länger als eine Stunde dauern.
Das ist keine Schätzung, sondern Wissenschaft. Wer durchgehend sitzt, geht in einen chronischen Entzündungsmodus, die Ursache aller chronischen Erkrankungen. Versuche also bei der Arbeit jede Stunde für 2 Minuten Bewegung zu machen. Andernfalls wird dein Körper durch das Sitzen schaden nehmen. Auch wenn du vor oder nach der Arbeit trainieren gehst! Es ist nicht möglich Sitzzeit durch Sport auszugleichen.
Soviel zur allgemeinen Bewegung. Wenn es darum geht, welche Art von Bewegung und Sport den Körper jung hält, gehen die Meinungen natürlich vollkommen auseinander. Die einen sagen Kraftsport ist alles, andere wiederum sagen wir müssen spielen, wobei die Gegenfraktion voll und ganz auf Ausdauertraining schwört. Jeder hat mehrere Gründe warum seine Sportart die gesündeste ist. Und soll ich dir was sagen, sie sind alle wichtig. Auf der einen Seite brauchen wir gut trainierte, leistungsfähige Muskulatur, die dabei hilft, unseren Blutzucker zu regulieren und Substanzen produziert, die antientzündlich wirken.
Und dabei ist mehr auch wirklich besser, denn Muskelmasse wird eindeutig mit Langlebigkeit assoziiert. Auf der anderen Seite hat man gesehen, dass auch eine hohe VO2max, das bezeichnet unsere maximale Sauerstoffaufnahmefähigkeit in der Muskulatur, eindeutig mit einem Langen und gesundem Leben in Verbindung steht. Sie ist der objektivste Messparameter für unsere Ausdauerleistung. Am besten verbessert man sie mit einem sogenannten Zone 2 Training. Das bedeutet Ausdauertraining mit einem Puls zwischen 60 und 75% deines Maximalpulses.
Also, wenn du dich das nächste Mal fragst, welche Art von Training nun die gesundeste ist, ist die Antwort schlicht und einfach, jede! Wir sollten an unseren Schwächen arbeiten und versuchen, überall so gut wie möglich zu werden.
Die Ernährung
Was wissen wir über das Thema Ernährung? Bei kaum einem anderen Thema gibt es soviel Diskussion und unterschiedliche Meinungen. Das liegt meiner Meinung nach daran, dass die Anzahl an guten klinischen Studien zu dem Thema doch sehr überschaubar sind. Die meisten Studien die es gibt, sind epidemiologischer Natur, und daraus kann man einfach keine guten Schlüsse über Ursachen und Wirkungen ziehen. Ein Beispiel dafür ist, das man vor etlichen Jahren „herausgefunden“ hat, das Light-Getränke dick machen.
Der Grund warum man diese Aussage getroffen hat, war jedoch schlicht und einfach, das viel mehr übergewichtige Menschen von Haus aus Light Getränke konsumiert haben, als Normalgewichtige. Daraus kann man absolut nicht schließen was das Getränk nun tatsächlich macht. Für eine gute klinische Studie müsste man eine große Gruppe von Menschen in einer Kaserne einsperren, ihnen täglich genau das gleiche zu essen geben, bei gleichem schlaf, gleicher Bewegung, und so weiter. Und davon gibt es wie gesagt sehr wenige. Ob Vegan, Keto, Paleo, Vegetarisch oder Allesesser, kein Konzept konnte bisher wissenschaftlich überzeugen.
Aber ein paar Dinge scheinen doch recht eindeutig wichtig für die Erhaltung unserer Gesundheit bis ins hohe Alter zu sein:
Nimm nicht über einen längeren Zeitraum zu viel oder zu wenig Kalorien zu dir. Vermeide Zucker und Alkohol so gut es geht. Achte auf eine hohe Proteinzufuhr und auf eine ausreichende Versorgung mit Omega 9 und Omega 3 Fettsäuren. Und… Obst und Gemüse sind wahrscheinlich sehr gesund für uns.
Schlaf
Im Schlaf passieren viele wichtige Dinge. Der Körper und das Gehirn befreien sich von angesammelten Stoffwechsel Produkten, Überreste von toten Zellen werden abtransportiert, Wunden werden geheilt, und unsere Muskulatur passt sich nach unserem Training an und wächst. Weiters regenerieren wir auch emotional während wir träumen. Es ist ungefähr so, wie wenn jemand eine mit Ängsten und Sorgen vollgeschriebene Tafel über Nacht löschen würde. Darum sieht die Welt am Morgen nach einem guten Schlaf auch gleich ganz anders aus. Und dabei ist es wichtig, dass du nicht nur eine gewisse Dauer von 6-8 Stunden schläfst, sondern auch die REM-Phasen (hier träumen wir) und die Tiefschlaf Phasen (hier regeneriert der Körper) entsprechend lange sind.
Menschen die dauerhaft weniger als 6 Stunden pro Nacht schlafen, haben ein deutlich höheres Risiko auf erhöhten Blutdruck, schlechte Cholesterin Werte und damit verbundene Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ob das allerdings an dem fehlenden Schlaf per Se, oder an dem damit verbundenen Stress liegt, kann nicht eindeutig gesagt werden. Denn tatsächlich gibt es Menschen, die aus verschiedenen Gründen nicht schlafen können, dies jedoch sehr locker nehmen und überhaupt keine gesundheitlichen Probleme haben.
Meiner Meinung nach ist Schlaf jedoch sehr wichtig, um unseren Körper und Geist ausreichend regenerieren zu lassen. Wobei ich jedoch finde, das die Schlafqualität noch vor der Quantität, also der Dauer anzusiedeln ist. Wenn du dir also unsicher bist, ob deine REM-, und Tiefschlafphasen passen, kannst du Tools zum Tracken verwenden und feststellen, wo deine Schwächen liegen.
Mentale Gesundheit
Lebst du wirklich das Leben das sich für dich gut anfühlt und für das du gemacht bist? Bist du in einer Beziehung, in der du jeden Tag du selbst sein kannst, ohne dich zu verstellen, nur um ein wenig mehr so zu sein wie dich dein Partner haben möchte? Hast du einen Job, der dich völlig erfüllt und bei dem du manchmal sogar das Gefühl hast, das du gar nicht arbeitest? Oder lässt dich das Gefühl einfach nicht los, dass es noch etwas besseres für dich geben müsste? Hast du Freunde, die dich unterstützen und ein offenes Ohr haben wenn es dir einmal schlecht geht?
All diese Fragen sind von zentraler Bedeutung wenn es um unsere mentale Gesundheit geht. Sie bestimmen ob wir glücklich, oder chronisch gestresst sind. Und glaub mir wenn ich dir sage, egal ob der Stress durch Angst, Einsamkeit, Wut oder Überlastung in der Arbeit ausgelöst wird, es wird dich auf Dauer auf jeden Fall krank machen. Nichts ist beim Thema Gesundheit so sicher, wie das unser Geist und unser innerer Frieden über allem stehen.
Du kannst dich bewegen soviel du willst, Suppements für 200 Euro im Monat nehmen, dich gut ernähren und so weiter, wenn dein Leben das du führst nicht im Einklang mit deiner Persönlichkeit steht, dann bekommst du früher oder später ein Problem. Die meisten über 100 jährigen Menschen, die sich Zeit ihres Lebens bester Gesundheit erfreut haben, berichten wenn sie nach ihrem Geheimnis gefragt werden, nicht über viel Sport und eine ballaststoffreiche Ernährung. Sie erzählen meistens das die wenig Stress und Sorgen hatten, eine glückliche Ehe geführt haben und niemals einsam waren.
Natürlich ist dieser Punkt am schwierigsten was die Selbstanalyse betrifft, den niemand gesteht sich gerne ein das er oder sie eigentlich unglücklich ist. Aber stell dir doch einfach ehrlich die Frage, ob deine Beziehung, dein Job, der Ort wo du wohnst, und die Menschen mit denen du dich umgibst, Dinge sind an denen du festhalten würdest wenn du in einer Woche sterben würdest. Dieser Gedanke klingt radikal, schafft aber ziemliche Klarheit.
Sicher ist es nicht möglich, alles auf einmal zu ändern wenn es viele Probleme gibt. Aber warum nicht ein paar Veränderungen setzen, die dich Schritt für Schritt in ein glücklicheres Leben führen. Wenn du schon ein langes Leben leben möchtest, warum dann nicht auch noch ein Gutes?
Fazit: Die richtige Einstellung
Sicher ist es nicht möglich, alles auf einmal zu ändern wenn es viele Probleme gibt. Aber warum nicht ein paar Veränderungen setzen, die dich Schritt für Schritt in ein glücklicheres Leben führen. Wenn du schon ein langes Leben leben möchtest, warum dann nicht auch noch ein Gutes?
Integriere unsere Tipps in deinen Alltag und triff bewusste Entscheidungen FÜR deine Gesundheit und dein Wohlbefinden. Denn: sie erhöhen deine Lebenserwartung und auch deine Lebensqualität – und genau das sollte dein Ziel sein: ein gesundes, erfülltes Leben bis zum letzten Atemzug!